Fotografieren im Zoo – von der Safari des kleinen Mannes
Als ich noch ein kleines Mädchen war, gingen wir einmal im Jahr in die Wilhelma – eine Familientradition sozusagen. Darauf habe ich mich immer gefreut. Weniger wegen der Tiere, sondern wegen des Popcorns, das wir immer bekommen haben. Die Tiere fand ich eigentlich langweilig, da sie nie was gemacht haben. Meiner Meinung nach haben sie immer nur geschlafen, oder sind halt rum gelegen.
Zum ersten Mal hinterfragt habe ich das Konzept „Zoo“ als ich in einem Kinderbuch die Geschichte eines Zoodirektors gelesen hatte, der sich gefragt hatte, wie sich die Tiere wohl fühlen, wenn sie die ganze Zeit von Menschen angestarrt werden.
„Einmal machte ich eine Reise durch Amerika. In New York hörte ich von einer Insel auf der nur Affen leben sollten, und zwar so zahlreich wie nirgendwo sonst. Ein Beamter empfing mich dort freundlich am Kai. Er führte mich zu einer kleinen, altmodischen Lokomotive, an der ein seltsamer Wagen hing, nämlich ein Käfig mit einer Bank darin, und bat mich einzusteigen. Der Beamte erklärte: „Es ist sicherer so. Die Tiere sind wild und könnten Ihnen etwas antun.“ Wir fuhren los. Überall auf den Bäumen und Wegen sah ich Affen, große und kleine, die verschiedensten Arten. An einer besonders bevölkerten Stelle hielt der Zug an. Sogleich kamen die Affen herbei, um mich zu betrachten. Sie kamen in Scharen und drängten sich vor den Gitterstäben. Sie stießen sich gegenseitig an und schienen über mich zu sprechen. Sie zeigten mit den Fingern auf mein Gesicht, meinen Hut und meine Stiefel. Die Affenmütter hoben ihre Kinder hoch, damit sie mich besser sehen konnten. Alle fanden mich sehr interessant, und manche mussten über mich lachen. Ich hätte mich am liebsten irgendwo verkrochen, aber die Tiere standen rund um den Käfig herum. … Ich war ganz erschöpft und verzweifelt vom Angestarrt werden.“
Aus „Unsere Oma“ von Ilse Kleberger *
erstmals erschienen 1964
Grundsätzliche Gedanken zu den Themen Tierwohl oder artgerechte Haltung haben sich aber damals (wenn überhaupt) nur die sogenannten Fachleute (also Bio- oder Zoologen) gemacht. Zoos wurden nach menschlichen Bedürfnissen eingerichtet:
Die Tiere müssen gut zu sehen sein, die Gehege leicht zu reinigen etc. Manche der Leser erinnern sich vielleicht noch an gekachelte Wände (diese Kacheln hatten die gleiche Farbe wie die Kacheln in dem Krankenhaus, in dem unser erstes Kind geboren ist…), sehr hygienisch, aber nicht gerade schön.
Mittlerweile findet da ein Umdenken statt. Die Hauptaufgaben eines wissenschaftlich geführten Zoos sind: Bildung, Artenschutz, Naturschutz, Erholung für den Besucher und die Auswilderung von Nachzuchten. Die Gehege bieten Rückzugsmöglichkeiten, haben großzügige Außenbereiche und zeigen zumindest den Versuch, den natürlichen Lebensraum der Tiere nachzubilden.
Es gibt aber auch entschiedene Gegner von Zoos. Tierquälerei und Ausbeutung lauten da die Stichwörter. Am Verhalten der Tiere könnte man eindeutig erkennen, dass die Tiere sich im Zoo nicht wohlfühlen: von selbst-verletzendem Verhalten bis zum Fressen der eigenen Exkremente ist da die Rede…
Kann ich da als Naturfotograf mit einer gewissen ethischen Einstellung und dem Wunsch, die wunderbare Natur zu schützen, mit gutem Gewissen im Zoo fotografieren?
Tatsache ist, ich kann es nicht allen recht machen. Da genau das nicht möglich ist, versuche ich, es wenigstens mir selber recht zu machen. Und ich persönlich mag Zoos. Ich habe in vielen Bereichen den Eindruck, dass wir Menschen Tiere, deren Verhalten und Bedürfnisse zu sehr von unserer menschlichen Perspektive aus sehen. Hier ein Beispiel für das typisch menschliche Denken:
Unser Sohn hat in der Grundschule seine Lehrerin gefragt, ob und warum Elefanten Angst vor Mäusen haben. Die Antwort der Lehrerin: „Vermutlich denkt der Elefant, dass die Maus in seinem Rüssel hochklettern würde. Und diese Vorstellung macht dem Elefanten Angst.“ Selbst mein 7 Jahre alter Sohn war skeptisch bei dieser Antwort. Seine Frage an mich lautete „Woher weiß meine Lehrerin denn, was ein Elefant denkt?“ Und genau das ist der Punkt: woher wissen wir denn, was ein Tier denkt, und was es für Wünsche hat (außer Nahrung, Schutz und Fortpflanzung).
Natürlich kann man am Verhalten erkennen, ob es sich wohlfühlt. Wenn ich allerdings die Narben und Verletzungen von freilebenden Wildtieren sehe, frage ich mich, ob „Wohlfühlen“ nicht auch etwas ist, das eher dem menschlichen Denken entspringt, und gar kein tierisches Bedürfnis darstellt.
Natürlich kann ich diese Thematik hier nur kurz anreißen, und zum Nachdenken anregen.
Wie gesagt, ich mag Zoos. Wir besuchen gern Zoos und ähnliche Einrichtungen, und nutzen die Möglichkeiten zum Fotografieren. Ich sehe da viele Vorteile:
Ich kann nicht in jedes Land der Erde reisen. Ich möchte aber gern mal einen Großen Panda sehen, einen Löwen oder Tiger. Ein Besuch im Zoo ist meiner Meinung nach „die Safari des kleinen Mannes“. Nur um mal die Verhältnisse aufzuzeigen stelle ich hier einen Link rein zu einem Anbieter für (exotische und richtig teure) Fotoreisen.
Das Angebot ist echt klasse, und sollte es tatsächlich mal die (Lotto-)Millionen regnen, dann wissen wir, wofür wir (unter anderem) das Geld ausgeben werden.
Für viele Menschen ist Barrierefreiheit durchaus wichtig. Übrigens nicht nur für Rolli-Fahrer, sondern auch für ältere Menschen mit Rolator, oder Familien, die mit Kinderwagen unterwegs sind. Für viele Menschen ist ein Besuch im Zoo oder Park die einzige Möglichkeit, überhaupt Kontakt mit der Natur zu haben.
Wir haben immer wieder beobachtet, dass für manche Menschen „ihr“ Zoo so etwas wie eine zweite Heimat ist. Oft haben sie auch eine ganz besondere Beziehung zu ihrem Lieblingstier. Ich würde mich hüten, so jemandem ein schlechtes Gewissen zu machen wegen eines Zoo-Besuchs.
Das Thema Arterhaltung, Nachzucht und Auswilderung habe ich schon erwähnt. Es gibt aber auch tolle Fotoprojekte, die ohne die Unterstützung von Zoos nicht möglich wären, wie z.B. die PhotoArk (dt. Foto-Arche) von Joel Sartore. Mittlerweile gibt es auch noch die Video-Arche. Erklären muss ich wohl nicht, um was es bei diesen Projekten geht, die Namen sagen genug.
Hier nun noch unsere Top 11 -Tipps zum Fotografieren in Zoos und ähnlichen Einrichtungen:
- Möglichst früh starten, bevor der große Besucherandrang kommt. Dies gilt vor allem für Wochenenden, Feiertage und Schulferien.
- Weniger ist oft mehr, und Zeit ist beim Fotografieren immer ein wichtiger Faktor. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es oft besser ist, in Ruhe einige wenige Arten zu fotografieren, als hurtig von einem Gehege zum nächsten zu hetzen.
- Fütterungen können gute Gelegenheiten für Action-Fotos bieten. Auch Fotos von Mensch-Tier-Begegnungen können dabei entstehen.
- Wildtiere suchen oft die Nähe von Menschen. In der Wilhelma gibt es tolle Gelegenheiten, Eichhörnchen, Feldhasen oder Libellen zu fotografieren. Auch eine große Graureiher-Kolonie bietet viele Foto-Möglichkeiten. Viele Sing- und Wasservögel fühlen sich in der Wilhelma wohl.
- Zoo-typische Gegenstände wie Zäune, Futternäpfe, Spielzeug usw. können störend wirken. Oft sind Tier-Portraits dann eine gute Lösung.
- Gitter und Glasscheiben können einem Fotografen das Leben schwer machen. Grundsätzlich gilt: möglichst nah ran an Gitter bzw. Scheibe, und nach hinten fokussieren. Je größer der Abstand zwischen Motiv und Glasscheibe / Gitter, um so besser. Außerdem sollte man mit offener Blende fotografieren. HIlfreich kann eine Gummi-Sonnenblende * sein um Reflexe zu reduzieren. Manche Glasscheiben (mit mehreren Schichten und Marke Super-Dick) beeinträchtigen den Autofokus – da ist es dann fast unmöglich, scharfe Bilder zu bekommen.
- Mittlerweile gibt es einen regelrechten „Zoo-Tourismus“: da werden Reisen zu Zoos angeboten bei denen man direkt im Zoo quasi „Tür an Tür“ mit den Tieren übernachten kann. Im Vergleich zu einer Foto-Reise / -Safari ist das immer noch ein echtes „Schnäppchen“.
- Näher ran an sein Lieblingstier kann man auch, wenn man eine Patenschaft übernimmt.
- Manche Zoos wie beispielsweise das Reptilium in Landau oder der Wildpark in Bad Mergentheim bieten besondere Fotografen-Tage oder Foto-Workshops an. Eine Internet-Recherche im Vorfeld lohnt sich immer. Vor allem das Reptilium hat in diesem Bereich die Nase vorn: hier kann man Fotoshootings mit Vogelspinne, Schlange und Co. machen.
- Auch Falknereien sind gute Anlaufstellen für Fotos von Adler, Uhu und Co. Zumindest manche Falkner sind auch bereit, ihre Vögel ohne Geschüh fliegen zu lassen. Eine entsprechende Anfrage kann zumindest nicht schaden. Eine gute Adresse für Fotoworkshops mit Greifvögeln und Eulen ist die Fotografin und Falknerin Tanja Brandt.
- Du bist auf der Suche nach einem bestimmten Tier, das Du schon immer mal sehen / fotografieren wolltest? Du möchtest gern herausfinden, welcher Zoo dieses Tier hält? Kein Problem: die Internetseite www.zootierliste.de hilft dir weiter.
Hier noch eine Liste der von uns besuchten Zoos und Co.
Ich kann hier lediglich ein paar kurze Infos geben, da die wenigsten Zoos eine Genehmigung geben, Fotos auf einer kommerziell genutzten Website zu veröffentlichen. (Auch wenn das hier ja wirklich nicht in großem Stil ist…)
Aus diesem Grund sind alle Fotos in diesem Blog-Artikel ausschließlich in der Stuttgarter Wilhelma entstanden. Daher geht auch eine ganz besondere Empfehlung an unseren Lieblings- und „Standard“-Zoo.
Wilhelma:
Hier bin ich Fotograf, hier will ich sein. Wie gesagt, alle Fotos in diesem Blogartikel sind in der Wilhelma entstanden, denn hier haben wir eine Genehmigung zur Veröffentlichung der Fotos bekommen. An dieser Stelle dafür nochmal ein herzliches Dankeschön!
Fotografische Highlights:
Der maurische Garten – im Frühling mit der fantastischen Magnolienblüte, im Sommer mit dem wunderschönen Seerosenteich. Der Seerosenteich bietet auch tolle Möglichkeiten, Libellen zu fotografieren.
Die Architektur in der Wilhelma ist etwas ganz Besonderes.
Die Wilhelma ist nicht nur Zoo, sondern auch botanischer Garten und hat wunderschöne Gewächshäuser. Eines der Highlights dort ist die jährliche Fuchsien-Blüte.
Besondere Jungtiere (2022) sind die 5 kleinen und super-niedlichen Geparden, und der kleine Schabrackentapir. Auch Robert, der kleine Somali-Wildesel hat unsere Herzen im Sturm erobert.
Auf ein weiteres Highlight freuen wir uns jetzt schon: die Terra Australis mit Koalas und anderen Tieren aus Australien wird voraussichtlich im Oktober 2022 eröffnet.
Auch erwähnenswert ist die tolle (private) Facebook-Gruppe der Wilhelma, wo viele Fotos und Infos geteilt werden.
Zoo Heidelberg:
Der Heidelberger Zoo ist einer von acht Zoos in Deutschland, der Feldhamster hält. Sie werden dort für ein Auswilderungsprojekt gezüchtet.
Nürnberger Zoo
Der Nürnberger und der Duisburger Zoo sind die einzigen Zoos in Deutschland, die (noch) Delfine halten. Im Nürnberger Zoo kann man auch eine Delfin-Begegnung buchen (momentan wegen großer Nachfrage bis auf weiteres ausgebucht). Außerdem gibt es das Manatihaus. Hier sollte man allerdings auf sein Equipment achten, denn ab und zu gibt es dort künstliche „Regenschauer“ – das Amazonas-Klima wird dort sehr realistisch nachgemacht. Nichtsdestotrotz – Seekühe sieht man sonst wohl nur in Florida oder eben im Südamerikanischen Regenwald. Der einzige Zoo in Deutschland, der Seekühe hält (seit 2022) ist – außer Nürnberg – wiederum der Zoo in Duisburg.
Pforzheimer Wildpark:
Der Pforzheimer Wildpark hat eine wirkliche Besonderheit: er kostet keinen Eintritt. Tatsächlich finanziert sich der Wildpark über die Parkplatzgebühren, die übrigens auch recht moderat sind. Wichtig zu wissen: der Wildpark ist fast komplett im Wald, also ist es dort recht schattig, was im heißen Sommer zwar sehr angenehm, zum Fotografieren aber eher hinderlich ist. Toll ist das Gehege der Fischotter (Lage am Waldrand!) und das „Luxus-Luchs-Gehege“.
Reptilium Landau:
Das Reptilium ist einer der größten Reptilienzoos in Deutschland. Die Terrarien sind wirklich schön gestaltet, und während der Fütterungen öffnen die Tierpfleger auch mal die Glasscheiben. Fotografieren mit Stativ ist problemlos möglich, eine Gummi-Sonnenblende* ist ein sehr hilfreiches Utensil.
Wildpark Bad Mergentheim:
Hier gibt es eine sehr wichtige Sache zu beachten: im Wildpark gibt es eine „Stativ-Gebühr“, und man muss es anmelden, wenn man mit Stativ fotografieren möchte. Über die Hintergründe dieser merkwürdigen Vorgehensweise werde ich mich hier nicht auslassen. Nichtsdestotrotz lohnt sich ein Ausflug in den Wildpark durchaus. Vor allem während der Fütterungen wird einem Action geboten. Zum einen fliegen dann Greifvögel und Geier, zum anderen werden Säugetiere mittels „Gerätschaften“ zur „Jagd“ animiert. Da springt dann der Luchs nach dem Kaninchen an der Schnur. Wer´s drauf hat, kann dann tolle Action-Fotos machen. Auch das Wolfsrudel ist sehenswert. Die Gehege sind sehr fotografen-freundlich angelegt, mit tiefen Gräben statt hoher Zäune.
Berliner Zoo
Knapp gesagt: dort waren wir kurz vor Beginn der Corona-Pandemie wegen der Panda-Babys. Auch die Vogel-Volieren waren klasse.
Bayrischer Wald Tierfreigehege
Wolf und Luchs kann man in sehr großen und naturnahen Gehegen sehen und fotografieren. Da es keinen Eintritt kostet, kann man (zumindest in mache Bereiche) rund um die Uhr rein, also ist das Ganze sehr fotografen-freundlich.
München Hellabrunn
Ein wunderschöner Zoo, mit viel Fließgewässer und Schattenbereichen, also vor allem im heißen Sommer empfehlenswert. Wirklich toll fanden wir die Großvoliere mit den Aras. Das neue Löwengehege lässt leider nur an einer Stelle Einblicke ohne Glasscheiben zu. Fotografieren durch diese Glasscheiben (Marke super-dick) ist schwierig, da die Bilder einfach nicht richtig scharf werden.
Diese kleine Liste ist mit Sicherheit noch nicht vollständig, aber oft ist es schon eine ganze Zeit her, dass wir zum letzten Mal in einem der diversen Zoos waren. Oft waren das Familienausflüge ohne „fotografischen“ Hintergrund. Damals war die Wahrnehmung noch eine ganz andere.
Der Inhalt dieses Artikels ist also in gewisser Weise „Dynamisch“ – und wird immer wieder ergänzt.
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